Bis vor 2 Wochen lief mein Leben genauso chaotisch ab wie es immer noch ist. Nur mit dem Unterschied, dass mein Vater mir das Buch "zwanghaft
zerstreut" (hab gerade 'ne halbe Min. an dem Titel basteln müssen, bis er mir einfiel, obwohl ich ihn in meinem ersten Versuch schon nannte. Ironie!) von einem amerikanischen Professor in die Hand
gedrückt hat.Da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren, der beste Adrenalinkick seit langem, das berühmte AHA-Erlebnis! Der Typ muss mich kennen, ansonsten kann er mein Elend, was andere als Leben
verstehen nicht so detailgetreu aufschreiben. Ich bin nun in Kontakt mit einer Freundin meiner Eltern, die ADS hat.
Immer dachte ich bei mir ist was bei der Geburt kaputt gegangen. Leider konnte ich es bis
eben nicht definieren. Alle wollten, dass ich mich gesellschaftskonform verhalte, jeder meinte, ich müsste mich einfach mal zusammenreißen.
Immer habe ich diesen Bergriesen vor mir. Dort MUSS ich einfach
rüber. Nur finde ich leider nirgends eine Einstiegsstelle in die Wand. Und wenn ich es doch -dann und wann hochmotiviert- probiere, kommt der Absturz. Wie immer!
Jetzt habe ich noch 2 Stunden Zeit, bis
ich bei Obi meinen Aushilfsjob anfangen muss. Es ist schon kein Ahnen mehr, es ist Wissen! Ich werde nicht um 16:00 da sein. Es wird 5 Minuten später oder 10 oder 15. Am ersten Juni hab ich dort angefangen.
Jede Woche 16 Stunden, 4 Tage die Woche, 4 Stunden am Tag. Die ersten 3 Wochen habe ich pro Tag 5,5 bis 6 Stunden am Tag dort gearbeitet. Mittlerweile bin ich dankbar, wenn ich so pünktlich bin, dass ich pro
Tag auf 3,5 komme. Obwohl ich 4 Std. brauche.
Statt mich den Problemen zu stellen, bringe ich mein Geld viel lieber ins Internettcafe. Dort hab ich ein paar Leute, die ich fast zu Freunden erhebe, obwohl
sie mir eigentlich fremd sind. Stunden, Tage, Nächte lang Counterstrike oder andere Netzwerkspiele. Oder ich schlage die Nacht auf meinem Bett tot, indem ich Ketten von Phantasie-Büchern durcharbeite.
Ansonsten langweile ich mich viel und weiß nicht recht, was ich machen soll, außer rauchen, essen, mein Leben in Gedanken bunt malen, rumhängen fernsehen oder Auto fahren.
Dabei könnte ich ja mal mein
Zimmer aufräumen, die vielen Dinge machen, welche ich schon immer mal machen wollte, den Leuten schreiben, denen ich schon seit 2 Jahren schreiben wollte oder wenigstens dort anrufen, meine Familie fragen,
ob ich was helfen kann, die übervolle, seit Monaten nicht mehr geleerte, Mailbox aufräumen...usw....
Ich weiß auch nicht, ob ich richtige Freunde habe. Der eine ist Punk, hat mit Alkohol Probleme und kifft
und tat mir immer schon Leid. Und dann war da noch die 42 jährige, mit der ich immer mal telephoniere, mich aber selten mit ihr treffen kann. Die erzählt mir dann wie schwierig es ist, allein erziehend
zu sein, dass ihr Ex-Freund für den sie betet und von Gott Visionen bekommen hat, sich immer noch so komisch verhält. Und, ich nenne ihn einfach mal Paul, den ich, seit ich 14 bin, kenne. Paul ist mit 8
Jahren am Ortseingang unter einen Kleinlaster gekommen. Obwohl er so aussieht, als ob es auf der ICE-Strecke passiert ist. Paul hat keine Freunde, weil er klammert. Paul hat mich, weil er klammert.
Jeder
kennt mich nur als den unzuverlässigen, unpünktlichen, Fingernagel kauenden, unreifen, kindlichen, dazwischenredenden, blöde Witze (Wortverdrehung) reißenden, gesellschaftsscheuen, stotternden, unruhigen
(nicht hyperaktiv oder jähzornig), spontanen aber entscheidungs- "unmutigen", in sich gekehrten, gutmütigen, höflich und netten, chaotischen, sorglosen Daniel !!!!! ER hat einen Hang zu
künstlerischer Aktivität, wenn er mal seinen Hintern in Bewegung setzen kann. Aber etwas Sport könnte ihm nicht schaden, wo seine Lieblingsbeschäftigung doch im Naschen besteht!
Ich bin bei weitem NICHT
sorglos! Nur zeige ich es nie. Wenn ich mal ausraste, muss mich jemand schon sehr bedrängt haben. Gut ich bin momentan häufiger genervt. Aber wen wundert es, wenn man mit fast 27 Jahren häufig wie ein
Kind behandelt wird. "Aber Daniel, ich sehe einfach nicht, dass du etwas getan hast!" - "Und denk dran, dass du noch dieses und jenes und sowieso..." Ok, ich komme oft, manchmal, immer,
wie auch immer, zu spät und vergessen tue ich auch häufig was. Aber meistens denke ich daran! Ich denke drüber nach, denke, ob sich’s noch lohnt hinzugehen. Denke wie ich es am besten angehe. Denke ob jemand
was dagegen hat und wie ich das umgehen kann. Verdränge den Gedanken. Ich denke!
Ich denke ich bin ein Superheld - würde ich mir niemals eingestehen!!! Oder erst recht nicht zugeben. Aber je mehr ich mich
in den Situationen vorstelle, weiß ich einfach, dass ich mich als Superheld "denke". Da gelingt mir immer alles. (Ich könnte gerade heulen. Warum gelingt mir sonst NICHTS!? Warum muss ich mich
immer in eine andere Welt zurückziehen?) Da kann ich so sein wie ich bin - wie ich gerne wäre - wie ich mich fühle. Ich fühle mich wie im Gefängnis! Niemand kann nachfühlen, was in mir abgeht, ich fühle mich
wie ein Autist.
Ich fange gerade durch dieses Schreiben an mich auszudrücken. Sonst fehlen mir die Worte und Gefühle. Sonst stehe ich nur vor Scham grinsend da und jeder denkt, ich freu mich auch noch
darüber. Den Reflex kann ich nicht unterdrücken. Wenn ich im Boden versinken könnte, würde ich’s tun. "Schämst du dich nicht?" werde ich gefragt; und über beide Backen grinsend antworte ich:
"Doch!!!".
Naja, liebe Grüße Daniel*